František Černý (1886–1954)

Foto: František Černý, Quelle: Wikipedia (cs)

Veröffentlichte in „Hlas“ unter seinem Klarnamen.

František Černý wurde am 5. Oktober 1886 als Sohn eines Landwirts und dessen Frau in dem Dorf Velké Zboží, heute ein Stadtteil von Poděbrady (Podiebrad), etwa 60 km östlich von Prag geboren. Er ließ sich an Industrieschulen im mährischen Brno (Brünn) und in Leipzig zum Stahlbetonbauer ausbilden und arbeitete von 1906 bis 1910 zunächst als Bauführer in Leipzig, von 1910 bis 1914 dann in Wien. Vor dem Ersten Weltkrieg unternahm er zahlreiche ausgedehnte Reisen in Europa und besuchte auch New York.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs trat er in die österreichisch-ungarische Armee ein und diente in verschiedenen Regimentern der Infanterie. Anfang Mai 1914 geriet er in den Karpaten in russische Gefangenschaft, und wenig später meldete er sich in die Tschechoslowakischen Legionen in Russland, militärischen Freiwilligenverbänden, die gegen Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich kämpften. 1917 wurde er wegen einer durchstochenen Lunge in einem Kiewer Krankenhaus behandelt, blieb jedoch auch anschließend Legionär. Erst Ende 1919 schied er im Rang eines Leutnants aus den Tschechoslowakischen Legionen aus.

František Černý kehrte in die Tschechoslowakei zurück, die im Oktober 1918 als eigenständiger Staat entstanden war, und wurde Wehrpflichtiger in der Ersten Tschechoslowakischen Armee. Er heiratete, wurde 1920 zum Hauptmann befördert und schließlich als Militärverwalter der Industrieunternehmen im böhmischen Most (Brüx) eingesetzt. Infolge der Verletzungen, die er im Kriegsdienst erlitten hatte, musste er sich immer wieder für längere Zeit in ärztliche Behandlungen begeben, so dass er 1922 für dienstuntauglich erklärt wurde und aus dem aktiven Militärdienst ausschied.

Sein späteres Leben war stark von den dramatischen Ereignissen um seinen jüngeren Bruder Vojtěch geprägt. Dieser hatte ähnlich wie František Černý in den Tschechoslowakischen Legionen in Russland gedient. Nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war, wurde er Berufssoldat in einem Kavallerieregiment im mährischen Olomouc (Olmütz), wo er sogar zum stellvertretenden Kommandanten ernannt wurde. Seine Laufbahn als Soldat endete allerdings am 15. April 1928, als im Divisionshauptquartier in Olomouc eine anonyme Anzeige einging, nach der Vojtěch Černý sexuelle Beziehungen zu einem anderen Militärangehörigen unterhalten habe.

Es kam zu einem Prozess, in dessen Folge Vojtěch Černý nach § 129 des tschechoslowakischen Strafgesetzbuches verurteilt wurde und eine sechswöchige Haftstrafe verbüßen musste. Er wurde ferner aus dem Militärdienst entlassen und verlor nicht nur alle seine militärischen Auszeichnungen, sondern auch den Anspruch auf eine Militärrente. Aufgrund der Verurteilung konnte Vojtěch Černý fortan ebenfalls keinen Beruf im öffentlichen Dienst der Tschechoslowakei mehr ausüben, so dass er existenziell von seinem Bruder František abhängig war, bei dem er zeitweise auch wohnte.

František Černýs finanzielle Situation war um 1930 jedoch auch nicht gut. Von seiner Militärrente musste er sich und seine Frau sowie nun seinen Bruder ernähren. In dieser Zeit riefen die beiden Brüder die Zeitschrift „Hlas“ ins Leben, wobei die Zeitschrift als ständige Einnahmequelle aus selbstständiger Tätigkeit vor allem für Vojtěch Černý gedacht war. Die Zeitschrift entwickelte sich jedoch nie so erfolgreich, dass Vojtěch Černý von ihr hätte leben können. Sie hatte von Anfang mit ständigen finanziellen und existenziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. František Černý zog sich im Herbst 1931 aus der Redaktion der Zeitschrift zurück, und fortan fungierte Vojtěch Černý als alleiniger Eigentümer und verantwortlicher Redakteur von „Hlas“.

Finanzielle Unregelmäßigkeiten im Zuge von Spendensammlungen und Krediten führten dazu, dass Vojtěch Černý das Unternehmen im Frühjahr 1932 als gescheitert erklären musste. Nun zog auch er sich aus der Redaktion von „Hlas“ zurück. Er nahm nun privat Kredite auf, zahlte seine Schulden nicht zurück, wechselte häufig die Wohnung und wurde schließlich polizeilich gesucht. Als Vojtěch Černý im April 1938 erneut verhaftet und wegen homosexueller Kontakte nach § 129 des tschechoslowakischen Strafgesetzbuches angeklagt wurde, nahm er sich nach einem Verhör auf der Polizeistation in Prag-Vinohrady (damals noch Královské Vinohrady) das Leben, indem er sich an einem aus seinem Hemd angefertigten Strick erhängte.

František Černý und dessen Frau erschienen am folgenden Tag auf dem Polizeirevier und erklärten, dass sie mit dem Selbstmord ihres Bruders bzw. Schwagers gerechnet hatten, dass sie über seine homosexuelle Orientierung unterrichtet waren, sie sich seinetwegen verschuldet hatten und dass die „Schandtaten“, die Vojtěch Černý begangen hatte, auch mit seinem Lebensende endeten.

František Černý lebte ab 1934 in Prag-Břevnov. Die letzten Monate seines Lebens verbrachte er in einem Pflegeheim im nordböhmischen Terezín (Theresienstadt), wo er am 31. Mai 1954 auch verstarb.

Veröffentlichungen in „Hlas“:

  • Náš program | Unser Programm, in: Hlas sexuální menšiny, 1931 (3), S. 1
  • Chceme své právo | Wir wollen unser Recht, in: Hlas sexuální menšiny, 1931 (4), S. 1–2.
  • Co nás ubíjí | Was uns umbringt, in: Hlas sexuální menšiny 1931 (11), S. 2–3.

Weiterführende Literatur und Quellen:

  • Seidl, Jan (2012): Homosexualita v praxi a diskurzu trestního práva, medicíny a občanské společnosti od vydání trestního zákona z roku 1852 do přijetí trestního zákona z roku 1961 (dizertační práce). Praha: Univerzita Karlova v Praze, Fakulta humanitních studií, S. 173–180.
  • Seidl, Jan u.a. (2012): Od žaláře k oltáři: emancipace homosexuality v českých zemích od roku 1867 do současnosti. Brno: Host, S. 157–168.

Internet:


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