Hugo Bondy  (1897–1939)

Foto: Hugo Bondy, Quelle: queermemory.eu

Veröffentlichte in „Hlas“ unter seinem Klarnamen.

Hugo Bondy wurde am 20. August 1897 als Kind jüdischer Eltern in Chlumec nad Cidlinou (Chlumetz an der Cidlina), etwa 80 km östlich von Prag, im damaligen Österreich-Ungarn geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er Medizin an der Prager Karls-Universität und spezialisierte sich auf Psychiatrie und insbesondere Fragen, die sich mit der Sexualität beschäftigten. Seine Promotion schloss er am 16. Juni 1923 ab. Er besuchte das Berliner Institut für Sexualwissenschaft in Berlin und die Psychiatrische Universitätsklinik in Zürich, um sich hier weiterzubilden.

Hugo Bondy bemühte sich zunächst, an der Universitätsklinik in Prag eine Anstellung zu bekommen, und als seine Unternehmungen scheiterten, nahm er eine Tätigkeit in dem privaten Sanatorium von Leopold Kramer in Prag auf, wo er bald zum Chefarzt aufstieg. Wenig später übernahm er das Sanatorium ganz und nannte es 1933 in „Sanatorium Bondy-Kramer“ um. Bereits Anfang der 1920er Jahre engagierte sich Hugo Bondy für die Straffreiheit der Homosexualität, und insbesondere in den 1930er Jahren führte er dieses Engagement vehement fort, unter anderem als Mitglied der Gesellschaft „Česká lékařská společnost Jana Evangelisty Purkyně“ (Tschechische Medizinische Gesellschaft von Jan Evangelista Purkyně), aber auch als Autor in der Zeitschrift „Hlas“. Er arbeitete mit entsprechenden Kommissionen des tschechoslowakischen Justizministeriums zusammen, betätigte sich in der Weltliga für Sexualreform (WLSR) und half mit, eine tschechoslowakische Unterorganisation der Weltliga zu gründen.

Neben der Entkriminalisierung der Homosexualität setzte er sich auch für eine Legalisierung der Prostitution ein. Den schulischen Religionsunterricht wollte er durch eine laizistische Bürgererziehung ersetzen, und er forderte die gesetzliche wie gesellschaftliche Gleichberechtigung der Geschlechter. Weiterhin beschäftigte er sich mit Themen wie dem Alkoholismus, der paralytischen Demenz und der Schizophrenie. Für Positionen zur Homosexualität, die er Anfang 1934 während eines öffentlichen Vortrags in Prag bezogen haben soll, wurde Bondy von Vladimír Kolátor (unter dem Kürzel V. V.) in „Nový hlas“ scharf kritisiert.

Auf dem fünften Kongress der Weltliga für Sexualreform in Brno (Brünn) lernte Hugo Bondy seine spätere Ehefrau, die Psychoanalytikerin Therese (auch Réza) Stein (*1908) kennen, die auch der Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft angehörte. Das Paar heiratete 1933 und bekam mindestens ein Kind.

Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch nationalsozialistische Truppen im März 1939 entschied sich Hugo Bondy nicht für eine Flucht aus dem Land, sondern beantragte offiziell die Ausreise. Er erhielt einen Pass, der allerdings nur für ihn, nicht aber für seine Familie gültig war, und beging daraufhin am 18. April 1939 in einem Prager Hotel Selbstmord. Er starb am folgenden Tag in einer deutschen Klinik. Seine Ehefrau Therese Bondyová wurde verhaftet, ins KZ Auschwitz deportiert und vermutlich 1941 zusammen mit ihrem kleinen Sohn Richard Bondy ermordet.

Veröffentlichungen in „Hlas“:

  • Soudnělékařské posouzení případu exhibitionismu | Forensische Bewertung eines Falles von Exhibitionismus, in: Hlas list sexuální menšiny, 1932 (5), S. 73–77.)

Weiterführende Literatur und Quellen:

  • Kalmus (1929): [Rezension zu:] Bondy, Hugo: Über die Sexualparagraphen im tschechoslowakischen Entwurf des Strafgesetzbuches, in: Deutsche Zeitschrift für die gesamte gerichtliche Medizin (Jg. 13), S. 110.
  • Seidl, Jan (2012): Homosexualita v praxi a diskurzu trestního práva, medicíny a občanské společnosti od vydání trestního zákona z roku 1852 do přijetí trestního zákona z roku 1961 (dizertační práce). Praha: Univerzita Karlova v Praze, Fakulta humanitních studií, S. 133–140.
  • Seidl, Jan u.a. (2014): Queer Prague. A Guide to the LGBT History of the Czech Capital 1380–2000. Brno: Černé pole, S. 133, 162.

Internet:

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