Karl Meier (1897–1974)

Foto: Karl Meier, Quelle: speaktruthtopower.ch

In „Hlas“ verwendete Pseudonyme, Kürzel oder Namensformen: Rudolf Rheiner.

Karl Meier wurde am 16. März 1897 im schweizerischen St. Gallen geboren und auf den Namen Rudolf Carl Rheiner getauft. Seine Mutter war die Bügelfrau (Glätterin) Elisabeth Rheiner, deren Spuren sich ab 1907 verlieren. Da der Junge unehelich geboren war, kam er schon als Kleinkind in die Obhut eines kinderlosen Ehepaars im ostschweizerischen Kradolf unweit des Bodensees, das ihn aufzog und 1912 auch adoptierte.

Ab 1912 absolvierte Karl Meier eine kaufmännische Ausbildung in einer Seidenweberei. Sein Wunsch war es jedoch, Schauspieler zu werden. Auf Vermittlung seines verständnisvollen Chefs wurde er in den Hauptsitz der Firma nach Zürich versetzt, wo er Schauspielunterricht nahm und bald auf Wanderbühnen auftrat. Nach einigen Jahren in der Schweiz, unter anderem in Solothurn und Winterthur-Schaffhausen, wechselte er 1924 auf Bühnen in Deutschland. Er trat zunächst in Bielefeld, dann in Münster, Glogau und Zwickau auf, hielt sich aber auch wiederholt in Berlin auf.

Als er 1932 in die Schweiz zurückkehrte, trat er beim Städtebundtheater Biel-Solothurn und dann am Stadttheater Schaffhausen auf, bevor er für das „Cabaret Cornichon“ tätig wurde, das nach dem Vorbild des in München von den Geschwistern Klaus (1906–1949) und Erika Mann (1905–1969) sowie anderen gegründeten Kabaretts „Pfeffermühle“ gebildet und betrieben wurde. Hier gab er bis 1947 etwa 4.000 Vorstellungen und wurde unter dem Pseudonym „Rolf“ auch international bekannt.

Da die Form des politischen Kabaretts nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr so beliebt war, wandte sich Karl Meier 1947 dem Radio zu und wirkte fortan in Hörspielen und Schulfunksendungen mit. Er stand nun aber auch wieder auf Zürcher Bühnen, wo er meist in Nebenrollen wirkte, und hatte Auftritte in zwei Fernsehproduktionen. Karl Meier war indes nicht nur Schauspieler, sondern betätigte sich auch als Regisseur im schweizerischen Volkstheater.

Mit der homosexuellen Subkultur seiner Zeit war Karl Meier in den 1920er Jahren in Berlin gekommen. Er freundete sich mit Adolf Brand (1874–1945) an und publizierte einige Artikel in dessen Zeitschrift „Der Eigene“. Zurück in der Schweiz, verfasste er 1934 einen ersten Beitrag für die Zeitschrift „Hlas“ und schrieb regelmäßig für das „Schweizerische Freundschafts-Banner“ (1933–1936) und „Menschenrecht“ (1937–1942). Nachdem sich die eigentlichen Macherinnen der Zeitschrift zurückgezogen hatten, führte Karl Meier diese unter dem Namen „Der Kreis“ weiter, wobei er sich als Herausgeber konsequent seines Pseudonyms „Rolf“ bediente. Der „Kreis“ veröffentlichte Beiträge in drei Sprachen (Deutsch, Englisch und Französisch), und zu seiner Hochzeit zählte er ca. 2.000 Abonnenten weltweit.

Neben seiner Tätigkeit als Herausgeber war Karl Meier auch Redakteur des deutschsprachigen Teils. Hier veröffentlichte er auch eigene Beiträge: Gedichte, Rezension und Kommentare zum politischen Geschehen oder zu aktuellen Gerichtsurteilen. Karl Meier gab ebenfalls vier Bände mit homoerotischen Fotografien und einen Band mit ebensolchen Zeichnungen aus dem „Kreis“ in Buchform heraus. Er nahm zwischen 1951 und 1958 an fünf wissenschaftlichen Kongressen des „International Committee for Sexual Equality“ (ICSE) teil und war überhaupt international sehr gut vernetzt.

Karl Meier war ein typischer Repräsentant der „Homophilenbewegung“ nach dem Zweiten Weltkrieg, der auf Diskretion und „Anständigkeit“ setzte und beispielsweise keine freizügigen Fotos im „Kreis“ duldete. Als im Zuge einer liberaleren Gesetzgebung in Skandinavien und der zunehmenden Internationalisierung Europas Zeitschriften mit eher „pornografischem“ Bildmaterial auf den Markt kamen, büßte der „Kreis“ unter seinen Lesern die Beliebtheit ein, die er über Jahrzehnte genossen hatte, und musste 1967 sein Erscheinen einstellen. Karl Meier zog sich in der Folge aus der „Homophilenbewegung“ zurück und betätigte sich auch nicht in der neu aufkommenden, jüngeren „Schwulenbewegung“ der frühen 1970er Jahre.

Karl Meier starb am 29. März 1974 in Zürich.

Veröffentlichungen in „Hlas“:

als Rudolf Rheiner

  • Das falsche Bild, in: Nový hlas – list pro sexuální reformu, 1934 (10), S. 17–19.

Weiterführende Literatur und Quellen:

  • Hergemöller, Bernd-Ulrich (2010): Meier, Karl („Rolf“), in: ders. (Hrsg.): Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum. Teilband 1. Berlin/Münster: Lit Verlag, S. 812–814.
  • Salathé, André (1996): Karl Meier „Rolf“ (1897–1974). Schauspieler, Regisseur, Herausgeber des „Kreis“, in: Thurgauer Beiträge zur Geschichte 12, S. 203–214.

Internet:

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