Kuno Fiedler (1895–1973)

Foto: Kuno Fiedler, St. Antönien, 1943, Quelle: Schweizerisches Sozialarchiv: Datenbank Bild + Ton, Sign. 5106-Fa-105.

In „Hlas“ verwendete Pseudonyme, Kürzel oder Namensformen: F. Knoll.

Kuno Fiedler wurde am 3. Februar 1895 in Schwiebus (heute Świebodzin, Polen) als Sohn eines Tuchmachermeisters und dessen Frau geboren. Er studierte an der Leipziger Universität Theologie, Philosophie und Germanistik. Nach seiner Promotion 1918 wurde er zunächst als Diakon tätig, doch nachdem er in seinem Buch „Luthertum oder Christentum?“ behauptet hatte, Jesus Christus habe eine tolerante und offene Einstellung gegenüber der Homosexualität gehegt, wurde er aus dem Kirchendienst entlassen. Fiedler absolvierte daraufhin eine pädagogische Ausbildung und wurde zunächst als Volksschullehrer in Planitz (Sachsen) tätig. 1926 wurde er Studienrat in Neustadt an der Orla (Thüringen), und von dort wechselte er 1929 an das Realgymnasium im 60 Kilometer entfernten Altenburg, wo er auch Religionsunterricht gab.

In den 1920er Jahren engagierte sich Fiedler politisch. Er gehörte reformpädagogischen und pazifistischen Organisationen an, betätigte sich aber auch in Gruppierungen der Homosexuellenbewegung wie der „Gemeinschaft der Eigenen“. Einem öffentlichen Coming-Out kam sein Artikel über „Pädagogische Erotik“ in der „Sonntags-Zeitung“ vom 30. Dezember 1923 gleich. Trotzdem veröffentlichte Fiedler auch in den Folgejahren noch Schriften zur Homosexualität unter Pseudonym, so etwa als Ferdinand Knoll.

Nachdem die NSDAP 1932 in Thüringen an die Macht gekommen war, wurde Fiedler zunächst von seinem Dienst suspendiert, dann strafversetzt und schließlich entlassen. Er hatte sich geweigert, seine Schüler, bei denen er in einem hohen Ansehen stand, einen „völkischen“ Spruch gegen den Versailler Vertrag aufsagen zu lassen. Fiedler zog daraufhin nach Dettingen am Main, wo er indes bald in das Visier der Gestapo geriet. Ihm wurde unterstellt, einen Spionagering „auf homosexueller Grundlage“ zu betreiben. Nach zwei Wochen Haft gelang ihm die Flucht aus dem Würzburger Landgerichtsgefängnis und weiter in die Schweiz, wo er unter anderem Hilfe von Thomas Mann (1875–1955) erfuhr, mit dem ihn bereits seit 1915 Freundschaft verband.

Ab etwa 1937 wirkte Kuno Fiedler als Pfarrer und Religionslehrer in St. Antönien unweit der österreichischen Grenze. Auch in seinem Schweizer Exil war er nach wie vor publizistisch tätig, so schrieb er für die St. Galler „Volksstimme“ und das „Neue Winterthurer Tagblatt“, wobei er sich wechselnder Pseudonyme bediente. Nach seiner Pensionierung verließ Kuno Fiedler St. Antönien 1955 und zog ins Tessin im Süden der Schweiz. Er starb am 13. Mai 1973 in Purasca bei Lugano.

Veröffentlichungen in „Hlas“:

als F. Knoll

  • Virilismus význačných mužů | Der Virilismus bedeutender Männer (Teil 1), Nový hlas – list pro sexuální reformu 1934 (4), S. 53–54.
  • Virilismus význačných mužů | Der Virilismus bedeutender Männer (Teil 2), in: Nový hlas – list pro sexuální reformu 1934 (5), S. 65–66.
  • Virilismus význačných mužů | Der Virilismus bedeutender Männer (Teil 3), Nový hlas – list pro sexuální reformu 1934 (7-8), S. 93–94.

Würdigungen und Besprechungen in „Hlas“:

  • Vávra, Vladimír: Die Liebe der Wenigen | Die Liebe der Wenigen, in: Nový hlas – list pro sexuální reformu, 1933 (5), S. 68–69.

Weiterführende Literatur und Quellen:

  • Bäumler, Klaus (2004): Kuno Fiedler (1895–1973). Ein deutsches Schicksal, dem Vergessen entreißen. In: Heißerer, Dirk (Hrsg.): Thomas Mann in München. München: peniope, S. 143–173.
  • Fiedler, Kuno (1920): Luthertum oder Christentum? Dresden: Bleyl & Kaemmerer.
  • Fiedler, Kuno (1923): Pädagogische Erotik. In: Die Sonntags-Zeitung, 30.12.1923 (Jg. 4, Nr. 52), [S. 2].
  • Knoll, Ferdinand [d.i. Fiedler, Kuno] (1931): Die Liebe der Wenigen: Eine kulturphilosophische Vorlesung über Feminismus und Virilismus. Berlin: Verlag Der Eigene.
  • Sprecher, Thomas (1999): Pfarrer Kuno Fiedler. Weggefährte und Korrespondent Thomas Manns, in: Bündner Jahrbuch. Zeitschrift für Kunst, Kultur und Geschichte Graubündens (Bd. 41), S. 94–104.
  • Zinn, Alexander (2018): „Aus dem Volkskörper entfernt“? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. Frankfurt/Main: Campus (siehe Kurzbiografie auch hier).

Internet:

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